38.500 „Fälle“ und 250.000 Beratungen in 40 Jahren

„Die Menschen kommen mit verschiedenen und oft auch mehreren Sorgen hierher. Etwa, wenn eine Beziehung in der Krise ist, wenn das Kind zunehmend aggressiv ist und schulisch abbaut, nach dem Tod eines lieben Menschen oder wenn der Arbeitsplatz unsicher ist“, erzählt Anke Jäger, Leiterin der Evangelischen Beratungsstelle Duisburg/Moers. „Wer belastet ist, kann unsere psychologischen Beratungen in Anspruch nehmen.“

40 Jahre ist die Einrichtung nun alt geworden. In dieser Zeit haben ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 38.500 „Fällen“ etwa 250.000 Beratungen in Erziehungs-, Familien- und Partnerschaftsproblemen und in persönlichen Lebenskrisen für Menschen aller Altersgruppen durchgeführt. Seit Beginn der Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung im Jahr 2001 kommen die Zahlen von 19.000 schwangeren Frauen mit ca. 28.000 Beratungen dazu.

Getragen wird die Beratungsstelle von den beiden Ev. Kirchenkreisen Moers und Duisburg. Auch der Kirchenkreis Kleve unterstützt die Arbeit. „Wir wollen dazu beitragen, dass das Leben gelingt“, erläutert Pfarrer Jan Christofzik, Kuratoriumsvorsitzender der Beratungsstelle, das kirchliche Engagement. „Dafür stehen wir als Evangelische Kirche ein.“
Einige Arbeitsbereiche werden von Land, Kreis oder Stadt finanziert. Etwa die Schwangerschaftskonfliktberatung oder Beratungen, wenn minderjährige Kinder betroffen sind. Der Unterschied zu ähnlichen Einrichtungen: „Zu uns können auch die kommen, die nicht in dieses Raster passen, alte Menschen z. B. deren Leben deprimierend anders läuft, als sie sich das gewünscht hatten, Frauen, die ihre Arbeit verlieren und verzweifeln, Männer, denen alles über den Kopf zu wachsen droht. Auch für sie sind wir da.“

Die beiden Ev. Kirchenkreise bezahlen dafür jährlich über 580000 Euro. 25 Mitarbeitende arbeiten zurzeit in den beiden Standorten in Duisburg und Moers. In der Gründungsphase im Jahr 1979 waren es dreizehn. Die Beratungsfachkräfte sind Psychologen, Sozialarbeiter, -pädagogen und Pfarrer, alle mit therapeutischer Grundausbildung. Zudem ist die Ev. Beratungsstelle stark vernetzt. Wenn etwa zusätzlich Schulden oder eine Suchterkrankung einen Ratsuchenden der Beratungsstelle drücken, gibt es auch den Kontakt zur Schuldnerberatung oder zur Drogenhilfe.

„Wer zu uns kommt, kommt mit dem Willen, etwas im eigenen Leben zu verändern oder zu klären“, erläutert Anke Jäger. „Wir unterstützen die Ratsuchenden dabei, die inneren und äußeren Bedingungszusammenhänge für Konflikte, Krisen und Leiden besser zu verstehen, Lösungen für ihre Konflikte und Probleme zu finden oder mit nicht lösbaren Problemen leben zu lernen..“
Viel hat sich in den 40 Jahren getan. Zum einen kommen mehr Menschen. „Heute ist man eher als in den achtziger Jahren bereit, Beratung in Anspruch zu nehmen“, so die Beobachtung von Anke Jäger. Anders als früher fragen zudem vermehrt Männer in der Moerser oder der Duisburger Dienststelle um Rat.
Auch die Probleme selbst haben sich geändert. Die steigende Arbeitslosigkeit, die Flexibilisierung der Arbeitszeit, die steigenden Ansprüche an Eltern etc. hinterlässt deutliche Spuren im Leben von Betroffenen. Schließlich ist auch die Sensibilität gewachsenen. Schläge oder traumatisierende Strafen in der Erziehung galten früher fast als normal und ihre Spätfolgen wären nicht als behandlungsbedürftig erkannt worden. Dies hat sich heute – auch durch die gesetzliche Verankerung des Kindesschutzes- zum Glück deutlich geändert. Immer öfter ist heute die Aufarbeitung der in der Kindheit erfahrenen Gewalt auch ein Thema in den Beratungsprozessen.

Selbst weltweite Veränderungen sind in der Beratungsstelle spürbar. Menschen mit schlimmsten Fluchterfahrungen benötigen Beratung. Sprachdozenten in der Flüchtlingsarbeit werden supervisorisch begleitet, denn auch sie hören von ihren Schülerinnen und Schülern Geschichten von Vergewaltigungen und Folter oder sind konfrontiert mit nicht leicht verständlichem Verhalten von traumatisierten Frauen und Männern.

„Wir haben uns in den vierzig Jahren immer wieder auf die veränderten Anforderungen eingestellt. Wir haben Tausende von Frauen und Männern jeden Alters, jeder Religion und jeden Geschlechts helfen können. Diese Bilanz für diese Arbeit, die die beiden Ev. Kirchenkreise Moers und Duisburg ermöglichen, ist das schönste Geburtstagsgeschenk, dass man der Jubilarin machen kann“, resümiert Anke Jäger.

Weitere Infos:

  • Evangelische Beratungsstelle – Psychologische Beratung in Erziehungs-, Familien-, Ehe/Partnerschafts- und Lebensfragen, Schwangerschaftskonfliktberatung
  • Standort Moers: Humboldtstraße 64, 47441 Moers, 02841 9982600
  • Standort Duisburg: Duisburger Straße 172, 47166 Duisburg (Hamborn), 0203 990690
  • Die Beratungen sind kostenlos und vertraulich. Wer sich beraten lassen möchte, muss einen Beratungstermin vereinbaren.

Text: Evangelischer Kirchenkreis Moers